Die Petrouchka-Akte – Ein multimediales
Konzerterlebnis
Aufführung 25. Oktober 2018
„Hundertwasser – Hunderttänzer“ heißt das Tanzprojekt im Bremer Goethetheater, … bei dem etwa 100 Menschen über die Bremer Bühne des Goethetheaters wirbelten. Von ganz kleinen Kindern bis zu Erwachsenen waren alle Altersstufen dabei, schließlich soll das Projekt eine Art Plattform für sozialen Austausch und künstlerischen Gemeinschaftsgeist finden. Das Großaufgebot wurde zudem erweitert durch das Orchester Sinfonia Concertante unter der Leitung von Rodrigo Blumenstock. Die gezeigten Choreografien zeigten dabei ein beachtliches Gestaltungsvermögen, auch wenn sich die künstlerischen Leiter Amaya Lubeigt und Wilfried von Poppel (Anm: Leiter des Bremer Tanztheaters „De Loopers“ für Kinder und Jugendliche) an den Möglichkeiten der so unterschiedlichen Mitwirkenden orientieren mussten. Gerade aus dieser Vielfalt erarbeitete man effektsichere Arrangements, die sich vom Lebenslauf des im Jahre 2000 gestorbenen Malers inspirieren ließen.
Musikalisch brachte die Inszenierung Werke von zeitgenössischen Komponisten wie dem libanesischen Geiger Ara Malikian und dem spanischen Musiker Joan Valent zu Gehör. Visionen von einer besseren Welt beschwor Hundertwasser stets in seinen Bildern – hier wiederum kamen die Kinder und Jugendlichen zu Wort, die ihre Träume von einer idealen Welt formulieren sollten. Frieden und Gerechtigkeit wurden da genannt, mehr Zeit und weniger Stress sowieso. Kein Terror sollte mehr in der Welt stattfinden, sagte ein Stimme und – man staune – stattdessen mehr Frauenfußball. Herzlicher Applaus für einen gelungenen Nachmittag.
29.01.2013 Weser Kurier Bremen
http://www.kreiszeitung.de/nachrichten/kultur/hundert-taenzer-hundertwasser-2722412.html:
Zwölf Menschen kämpfen um Vorherrschaft, voller Konkurrenz schieben sie sich weg, behindern sich, kommen wieder zusammen.
Ein wieder mal ergreifendes Stück Tanz von Laien wurde im restlos ausverkauften Theater am Goetheplatz gespielt: Ein neuer Auftritt von „De Loopers“, dem seit 2003 existierenden Tanztheater für Kinder und Jugendliche. Wilfried van Poppel, der ehemalige Tänzer des Bremer Tanztheaters (Susanne Linke) und seitdem freischaffender Tänzer, Pantomime und Choreograph, hat es gegründet und bietet seitdem Kindern und Jugendlichen die Chance, sich in Bewegung und Tanz auszudrücken. Gelernt hat er dabei viel vom charismatischen Choreographen Royston Maldoon, der nach seinem Film mit den Berliner Philharmonikern „Rhythm is it“ tausenden von Kindern zu neuem Selbstbewusstsein und ästhetischem Gespür verholfen hat. Heute ist er auch künstlerischer Berater von „De Loopers“.
Diese Philosophie wie auch die von van Poppel ist ebenso einfach wie für alle erfolgreich: Da die Tänzer nicht wirklich tanzen können, müssen bewältigbare Bewegungsbilder gefunden werden. Es sind häufig regelrechte Skulpturen, die mit beeindruckender Synchronität und wunderschöner Beleuchtung sich geheimnisvoll bewegen – nach Impressionen der Bilder von Hundertwasser. Hatten das erste Stück Erwachsene getanzt, waren im zweiten siebzig Kinder eine gute dreiviertel Stunde lang auf der Bühne – „Hundertwasser-Hunderttänzer“ war der Titel des Abends. Dass es da zu keinerlei Langeweile oder gar Stillstand kommt, ist einerseits dem Einfallsreichtum der Choreographen – van Poppel und Amaya Lubeigt – zu danken, aber auch den enorm engagierten Kindern: es war bei allen immer deutlich zu merken, dass es nicht um irgendwie eingetrichterte und mehr oder weniger gekonnte Figuren geht, sondern um die Intensität des Körpereinsatzes.
Es lag andererseits an der Zusammenarbeit mit dem mit Semiprofis durchsetzten Orchester „Sinfonia Concertante“, das unter der Leitung von Rodrigo Blumenstock regelrecht mitreißende, ja fetzige Musik spielte: Die stimmungsvollen, der Minimal Music nahe virtuosen Musiken des Armeniers Ara Malikjan und Joan Valent und die barocken Nachbildungen von Karl Jenkins wurden enorm schwungvoll gespielt – glänzend der Solist Stephan Latzko. Nicht zu vergessen ein toll bemalter Hundertwasser-Vorhang, der in den pädagogischen Werkstätten der Kunsthalle entstanden ist.
29.01.2013 Kreiszeitung – Von Ute Schalz-Laurenze
Benefizkonzert Bremer Orchester „Sinfonia Concertante” spielt im Schloss für die Uno-Flüchtlingshilfe
Oldenburg – Bei Chefdirigent Paavo Järvi in der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen hat Rodrigo Blumenstock gelernt, die Sprache der Musik knackig auf den Punkt zu bringen, sie bei aller Konzentration aber nicht des Charmes und der Schönheit zu berauben. Das lässt der Oboist als Dirigent des Orchesters „Sinfonia Concertante” spüren. Im Schlosssaal kommt so nie die Gefahr auf, „liebliche” Schubert-Werke wie die Bühnenmusik zur „Rosamunde” oder die unvollendete h-Moll-Sinfonie könnten unter Plüsch verstauben.
Das Bremer Orchester setzt sich aus Mitgliedern der renommierten Kammerphilharmonie, aus freischaffenden Musikern und kundigen Laien zusammen. Anlass zum Ausflug nach Oldenburg ist das Benefizkonzert zugunsten der Uno-Flüchtlingshilfe in Ostafrika.
… Die „Unvollendete“ kommt dem spielerischen Niveau vorzüglich entgegen. Sie hemmt mit mittleren technischen Ansprüchen nicht die Gestaltungskraft. So bleibt die Architektur der beiden Sätze im Gleichgewicht, sitzen hinter hoch gespannten Bögen knappe Betonungen, verströmen Klarinette und Oboe Ruhe und Frieden. Gemütlich gerät dieser Schubert allerdings nicht.
Das Format des Ensembles erlaubt einen zeitgemäßen Zugang zu den „Rosamunde”-Ballettmusiken und Zwischenspielen. Bei den Bremern bleibt der liedhaft-empfindsame Zugang zu dieser Musik gewahrt.
Auch das Schlendern im typischen Zweiviertel-Takt durch die tänzerischen Stücke fällt leicht. Aber hinter allen Piani und Pianissimi lacht nicht nur der Schalk, da lugen auch bedrohliche Geister hervor. Es stecken in dieser Außenhaut Löcher, es mischt sich ein Trauerhauch in die Schönheit.
Drei eingeschobene Intermezzi der anwesenden Schweizer Komponistin Caroline Charrière erweitern und vertiefen diese Doppelbödigkeit.
Tonal gefasst verweben die Streicher im ersten Linien und Flächen miteinander, schreiten die Bläser im zweiten zunächst forsch und dann unsicher werdend voran. Aus der Tiefe steigt die Musik im dritten Intermezzo an und unterstreicht Drängen, Bangen und Ungeduld. Es sind Blicke auf vermeintlich Vertrautes, das sich in abweisend scheinende Bereiche hinein entwickelt und damit befremdet.
Horst Hollmann, nwz oldenburg vom 8.11.2011
Kunsthallen-Benefiz: Orchester Sinfonia Concertante in der Glocke
Dass es farbenfroh zuging bei einem Benefizkonzert zugunsten der Kunsthalle, damit war zu rechnen. Dennoch waren die Zuhörer höchst angenehm überrascht von der Überfülle üppiger Klangfarben, mit der die Sinfonia Concertante in der gut besuchten Glocke aufwartete.
Jean-Philippe Rameaus verbrämter Blick auf exotische Gefilde (“Les Indes Galantes”) wurde als bunte Klangcollage mit geschmeidig forschem Strich in transparenter Phrasierung gestaltet. Bei Maurice Ravels freier Tondichtung (“Introduction et Allégro”) ließ Harfenistin Ruth-Alice Marino mit sicherem Griff sprudelnde Arpeggien, aufwallende Glissandi und regentropfengleiche Melodielinien erklingen, begleitet von gedämpften Streicherakkorden oder tremolierendem Flimmern des Kammerorchesters. Unter der Leitung von Rodrigo Blumenstock agierte der Klangkörper auch bei Debussys “Prélude à l’après-midi d’un faune” sensibel und geschmeidig und schuf ein changierendes Kaleidoskop träumerischer Bilder, ohne jedoch ins allzu Sphärische abzugleiten.
Aber wie würde wohl die Darstellung eines jungen Mädchens in Vertonung klingen? Die riesige Reproduktion des Gemäldes von Paul Sérusier – Objekt der Kunsthallenbegierde und Anlass für dieses Konzert – hing über der Bühne. Thorsten Encke, Komponist aus Hannnover, erläuterte, dass es ihm bei seiner Komposition mit dem Titel “Un beau brin de fille” um einen Blick hinter die Fassade dieses markanten Gesichtes, nämlich um die musikalische Umsetzung von Träumen, Impulsivität und Eigensinn einer “komplexen Jungmädchenpsyche” gegangen sei. Genau das teilte sich den Zuhörern bei der Uraufführung intuitiv nachvollziehbar mit durch zarteste Klangmixturen, aber auch wild aufbäumende Kakophonien und scheinbar außer Kontrolle geratene Cluster, die abrupt abbrachen, um sich in diffusen Klangschleiern im Nirgendwo zu verflüchtigen.
Was mit kleiner Besetzung schon überaus eindrucksvoll gerlang, wurde mit großem Orchester noch imposanter. Strawinskys Feuervogel-Suite wirkte in ihrer überaus kontrastreichen Aufführung spannungsgeladen und aufwühlend. Archaisch und wild Kastschjs furioser Höllentanz, in ruhig pulsierendem Metrum die zauberhafte Berceuse – tonale Vereinigung von Pastell und opaker Ölfarbe. Ein großartiger Konzertabend!
9. Februar 2011 Weser-Kurier Bremen
Bremen. An den Wänden des Probenraums im Waldau-Theater grüßt noch die Dekoration zu Paavo Järvis „First night“: Tere tulemast – herzlich willkommen! Doch nicht die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen probt zurzeit in Walle Schuberts 5. Sinfonie, sondern die „Sinfonia concertante“, ein Kammerorchester mit rund 35 Mitgliedern. Das Besondere daran: Hier konzertieren talentierte Laien und Profi-Musiker mit großer Begeisterung gemeinsam.
BREMEN. Anfangs war es nur eine Idee, eine sporadisch schon in die Tat umgesetzte Idee. Das von professionellen Musikern angeleitete Bremer Laienorchester Sinfonia Concertante vergibt Aufträge an Komponisten, und die begleiten dann die Proben des Werks bis zur Uraufführung. Das Kammerensemble hat jetzt die Gewissheit: Die Waldemar Koch Stiftung wird dem Orchester in den kommenden drei Jahren das Geld für die Finanzierung von Kompositionsaufträgen zur Verfügung stellen.