Musik für eine kleine Bretonin

Kunsthallen-Benefiz: Orchester Sinfonia Concertante in der Glocke

 

Dass es farbenfroh zuging bei einem Benefizkonzert zugunsten der Kunsthalle, damit war zu rechnen. Dennoch waren die Zuhörer höchst angenehm überrascht von der Überfülle üppiger Klangfarben, mit der die Sinfonia Concertante in der gut besuchten Glocke aufwartete.

Jean-Philippe Rameaus verbrämter Blick auf exotische Gefilde (“Les Indes Galantes”) wurde als bunte Klangcollage mit geschmeidig forschem Strich in transparenter Phrasierung gestaltet. Bei Maurice Ravels freier Tondichtung (“Introduction et Allégro”) ließ Harfenistin Ruth-Alice Marino mit sicherem Griff sprudelnde Arpeggien, aufwallende Glissandi und regentropfengleiche Melodielinien erklingen, begleitet von gedämpften Streicherakkorden oder tremolierendem Flimmern des Kammerorchesters. Unter der Leitung von Rodrigo Blumenstock agierte der Klangkörper auch bei Debussys “Prélude à l’après-midi d’un faune” sensibel und geschmeidig und schuf ein changierendes Kaleidoskop träumerischer Bilder, ohne jedoch ins allzu Sphärische abzugleiten.

Aber wie würde wohl die Darstellung eines jungen Mädchens in Vertonung klingen? Die riesige Reproduktion des Gemäldes von Paul Sérusier – Objekt der Kunsthallenbegierde und Anlass für dieses Konzert – hing über der Bühne. Thorsten Encke, Komponist aus Hannnover, erläuterte, dass es ihm bei seiner Komposition mit dem Titel “Un beau brin de fille” um einen Blick hinter die Fassade dieses markanten Gesichtes, nämlich um die musikalische Umsetzung von Träumen, Impulsivität und Eigensinn einer “komplexen Jungmädchenpsyche” gegangen sei. Genau das teilte sich den Zuhörern bei der Uraufführung intuitiv nachvollziehbar mit durch zarteste Klangmixturen, aber auch wild aufbäumende Kakophonien und scheinbar außer Kontrolle geratene Cluster, die abrupt abbrachen, um sich in diffusen Klangschleiern im Nirgendwo zu verflüchtigen.

Was mit kleiner Besetzung schon überaus eindrucksvoll gerlang, wurde mit großem Orchester noch imposanter. Strawinskys Feuervogel-Suite wirkte in ihrer überaus kontrastreichen Aufführung spannungsgeladen und aufwühlend. Archaisch und wild Kastschjs furioser Höllentanz, in ruhig pulsierendem Metrum die zauberhafte Berceuse – tonale Vereinigung von Pastell und opaker Ölfarbe. Ein großartiger Konzertabend!

9. Februar 2011 Weser-Kurier Bremen